Kategorie: VietnamKambodscha

  • Ein kaputter Bus mit zuviel Gepäck oder ChaChaCha in Saigon

    Der Tag begann aufregend. Heute stand wieder ein Zwischenflug an, nach Saigon, oder Ho Chi Min Stadt. Wir hatten eine kleine abenteuerliche Anreise zum Flughafen mit Irritationen die Gepäckfreimenge betreffend. Auf dem Weg zum Flughafen, früh um 5 stotterte der Bus plötzlich, der Fahrer ging mit einem Schraubenschlüssel nach draußen, kam wieder rein und wir fuhren weiter. Nach der zweiten dieser Prozeduren sprang der Bus leider gar nicht mehr an, es war wohl die Ölpumpe (und wir meinten schon die Hydrostößel (aber das haben die ja jetzt in den Griff bekommen [ein Insider für Tatortreiniger-Fans]). Unser lieber Chang hatte die Situation gut unter Kontrolle und hat in einer Seelenruhe einen neuen Bus organisiert, der nach ca. 10 Minuten bereits da war. Wir waren rechtzeitig auf dem Flughafen. Mit dem Wissen um die Verspätung des Flugzeuges hätten wir den Bus auch noch schieben oder die letzten 7 km per pedes mit den Koffern zum Gate rollen können. Aber da war ja dann noch der Aufreger um die Gepäckfreimengen beim Einchecken. Die Gebühr fürs Übergepäck wird eine unserer mitreisenden Parteien sicherlich der Reiseagentur in Rechnung stellen, welche uns im Vorfeld auf spezielle Anfrage hin 23 kg mitteilte. Aus diesen 23 kg wurden vor Ort in Hue leider 20 kg. Auch wurde erstmals unser Handgepäck gewogen, zum Glück jeweils pro reisendes Paar und nicht einzeln, sondern wäre Jörg mit seiner Fotoausrüstung bestimmt durchgefallen. Interessanterweise war dies alles auf dem  letzten Zwischenflug mit der selben Airline kein Thema. Ich hab glücklicherweise noch ca. 5 kg Platz im Koffer für diverse Urlaubsmitbringsel. 
    in Saigon angekommen, war sofort Programm angesagt. Das Kriegsmuseum, welches toll sein sollte, hat mich komplett emotional überfordert. Schocktherapie mit großen Fotos von zerstückelten Menschen, missgebildeten Kindern, …. keine Frage, dass dieser Vietnamkrieg ausgesprochen schlimm, widerlich und vor allem sinnlos war und das Land und viele Familien noch heute damit kämpfen … ich empfand den Museumsbesuch allerdings als Zumutung. Einfach nur schrecklich.

    Alsdann war der Wiedervereinigungspalast zur Besichtigung im Besichtigungsplan. Ein eher sozialistischer 70-er Jahre Protzbau, aber geschichtsträchtig.

    Quadratisch, kantig, Präsidentensitz

    Auf dem Gelände des heutigen Wiedervereinigungspalasts stand früher ein von den französischen Kolonialisten erbautes stattliches Gebäude. Jetzt gibt’s für alle Mitlesenden eine kleine Geschichtskunde. Dieser Wiedervereinigungspalast war bis 1975 der Unabhängigkeitspalast, hier ging es um die Unabhängigkeit vom Kolonialisten Frankreich. Das Bauwerk war Residenz und Arbeitsplatz des Präsidenten von Südvietnam während des Vietnamkrieges . Der Palast war der Ort, an dem das Ende des Vietnamkrieges besiegelt wurde. Dies passierte nach dem Fall von Saigon, was daraufhin in Ho-Chi-Minh-Stadt umbenannt wurde (sowas habe ich doch anderenorts schon mal gehört). Im Sprachgebrauch ist jedoch noch immer Saigon, wobei der innere Stadtkern tatsächlich noch so heißen darf.

    Direktleitung zu anderen Präsidenten in der Kommandozentrale
    Die Bäume vor dem politischen Wahrzeichen Vietnams müssen schon den Vorstellungen der Parteizentrale entsprechen. Ganz oben gibt’s einen grünen Ausreißer, der kommt bestimmt als Nächstes weg.

    So viele Touristen wie im Kriegsmuseum und im Wiedervereinigungspalast zugegen waren, habe ich fast den Eindruck, dass diese beiden Positionen als Pflichtprogramm für geführte Touristen aus dem westlichen Ausland vorgegeben wurden.

    Heute nebenbei mal was zum Leben in Vietnam: Es gibt in Vietnam eine Schulpflicht bis 18 Jahre, eine Pflichtkrankenversicherung und auch eine Rentenversicherung. Mit inzwischen 60 Jahren muss man als Mann und mit 55 als Frau in Rente gehen, um die Arbeitsplätze für junge Leute freizumachen. Verkehrte Welt, oder?

    In den Abendstunden ging es auf Nachtfotosafari, da gibt die Stadt wirklich viel her. Auf dem Weg zu einigen Hotspots kamen wir an einem kleinen Park vorbei, wo unter freiem Himmel gerade eine Tanzstunde stattfand. Wir blieben interessiert stehen, bis uns der vermeintliche Tanzlehrer aufforderte, doch mitzutanzen. Ein Cha Cha Cha wurde aufgelegt – nun, nicht eben die schwerste Übung für zwei ganz gut versierte Tanzpaare. Und eine ganz neue Erfahrung für mein Tanzsportgerät so mit Kamera um den Hals und Stativ auf dem Rücken. Wir ernteten ein paar begeisterte Blicke ob unserer Tanzschritte, vor allem vom Tanzlehrer. Als jedoch als nächster Titel Roger Whitaker aufgelegt wurde, mussten wir gaaaanz plötzlich weg, hatten ja eigentlich ein anderes Ziel an diesem Abend.

    Gerade beim Lasso, einer Figur im ChaChaCha
    Sieht zwar so aus, aber das Rotlichtviertel erreichten wir aus Versehen erst etwas später ( und bevor jemand fragt, nein, dort haben wir keine Fotos gemacht).
    Rathaus in Gold und mit Fähnchen.
    Der Blick von der Rooftop-Bar unseres Hotel. Nicht im Bild: der Pinacolada (oder waren es zwei ?!)
    Oper

    Der Verkehr in Saigon ist total verrückt. Vergesst alles, was ihr bisher in den Großstädten der Welt erlebt habt, das hier toppt alles. Es wird zum Horror für jeden Touristen, die Straße überqueren zu wollen. Ob Zebrastreifen oder grüne Ampel, völlig egal, bestimmt kommt ein Laster oder ein Bus und dann noch 20 Modeds dazwischen und noch einige in verkehrter Fahrtrichtung und damit nicht genug, sogar auf dem Fußweg wird man vom Moped angehupt, dass man zur Seite gehen soll. Dass dieses Verkehrsgebahren wirklich gefährlich für uns ist, äußert sich zum Beispiel daran, dass wir selbst Strecken von vielleicht 10 Minuten zu Fuß dann doch mit dem Bus gefahren werden(fürs Reisebüro wohl zu hohe potentielle Nachfolgekosten?).

    Der Verkehr in Saigon, danke Jens für den Film
    Ist was im Angebot? Nein, ganz vorne ist eine Ampel.

    Unser neuer Gästeführer für Saigon und das Mekongdelta heißt Quook (glaube ich jedenfalls). Ebenfalls auch ein ehemaliger Gastarbeiter in der DDR. Er ist nicht direkt ein Sympathiebolzen, aber er hat es drauf, uns die versteckten authentischen Plätze dieser Riesenstadt mit 9 Millionen Einwohnern zu zeigen, die wir auf eigene Faust so nicht gefunden hätten oder uns nicht hingewagt hätten. Heute Morgen auf der Stadterkundungstour zu Fuß legten wir einen Stopp in einem Café ein, wie man es sich wohl kaum authentischer vorstellen kann. Das Cheo Leo Café gibt es seit 1938 und wird seitdem im Familienbesitz geführt und hat sogar eine eigene Webpräsenz. Man bat uns sogar in die Küche, um bei der Zubereitung des wirklich extrem leckeren vietnamesischen Kaffees zuzuschauen.

    Die bis zu unserer Ankunft Kaffee schlürfenden Vietnamesen wurden alsbald mit samt einem Tisch auf die gegenüberliegende Straßenseite komplementiert. Im Vordergrund unser Reiseführer Quook. Vergrößerung des Fotos zur Verdeutlichung des baulichen Zustandes des Cafés explizit erwünscht.

    Ist doch völlig wurscht, ob die Farbe von der Wand blättert und die Wellblechdecke rostet, Hauptsache der Kaffee schmeckt. Zur Überbrückung der Wartezeit auf den Kaffee gibts hier wohl traditionell immer einen Jasmintee gereicht, alles sehr lecker.

    Vietnamesischer Kaffee hat unten eine Schicht gezuckerte Kondensmilch und obenauf der nach Kakao schmeckende starke Kaffee.

    Unser Stadtrundgang führte uns in das chinesische Viertel von Saigon. Es leben seit dem 17. Jahrhundert viele Chinesen hier, heute sind es 500.000 nur in der Stadt Saigon. Die haben natürlich ihre eigenen Tempel, Pagoden und Märkte.

    Im chinesischen Tempel spielt der Teufel zu meiner Überraschung eine Rolle. In sehr kleinteiligen Fresken und Reliefs ist die Unterwelt skizziert (oder das, was ich dafür halte).

    Hier ist der Teufel los.

    Normalerweise ist es Tradition, in den chinesischen buddhistischen Tempeln regelmäßig den Ahnen mittels Anzünden eines Räucherstäbchen zu huldigen. Aber, der Chinese – nicht dumm- , erfindet Räucherspiralen, welche bis zu 14 Tage durchgängig brennen. Also: Pagodenbesuch nur noch alle 14 Tage.

    Räucherstäbchen in Spiralenform brennen 14 Tage.

    Unser Weg durch Chinatown führte uns an Wohnvierteln der etwas Ärmeren vorbei. Auf bis zu 30 Quadratmetern wohnen mehrere Generationen gemeinsam zusammen. Obdachlose oder Bettler haben wir bisher nicht gesehen, auch nicht in den ärmeren ländlichen Gebieten.

    Wohnsilo in Chinatown, gibts auch noch im Großblockformat. Die Treppenaufgänge haben auch immer eine Mopedrampe, die das Mithochnehmen ermöglicht. Das Abstellen des Mopeds auf der Straße kostet Geld (scheinbar wird selten abkassiert).

    Zweiter authentischer kulinarischer Stopp: zweite Etage einer Garküche. Dass nicht soviele Touristen hier rasten, merkten wir daran, dass der Wunsch nach einer Gabel die Kellnerin an den Rand ihres Englisch-Vokabulars brachte. Der Chef brachte uns dann aber etwas verstohlen doch noch zwei vorbei. Ich war zufrieden mit meiner vegetarischen Reisnudelsuppe.

    Suppe mit Stäbchen zu essen, ist eine Herausforderung, aber nicht unmöglich.

    In Chinatown gibt’s ähnlich, wie wir das bereits aus Hongkong kennen, jeweils Straßen mit Ständen und Geschäften nach Produktgruppen sortiert. Wir haben heute unter anderem die Blumenstraße, die Zierfischstraße und die Stoffstraße mitgenommen. Leider waren wir als Reisegruppe unterwegs, sonst wäre ich auf letzterer wieder mal meinem Stoffrausch erlegen (schade eigentlich).
    Auf dem Chinesischen Großmarkt fand ich am interessantesten die Gewürzabteilung und die Zutaten für die chinesische Heil- und Naturmedizin. Bei der Einfuhr von Schwalbennestern nach Europa gibt’s richtig Probleme beim Zoll im Sinne von Arten- und Naturschutz. In Vietnam wie auch in China ist eine Schwalbennestersuppe das Allheimittel schlechthin.

    Und eine Haifischflossen-Suppe gilt in Asien als Delikatesse und deren Konsum als Statussymbol. Haifischflossen sollen eine stärkende Wirkung und die Fähigkeit haben, Alter und Krankheiten zu bekämpfen und gelten als Potenzmittel. Preislich liegen wir hier bei ca. 1.000 € pro Stück.

    Haifischflossen im Fünferpack
    Alle möglichen und unmöglichen chinesischen Pilze, mir wurde schon ganz blümerant nur vom Geruch.
    Besser war dann doch die Abteilung: „Mir bekannte Gewürze“ wie Zimtrinde im Riesenformat oder Sternanis, Nelken, Pfeffer und Co. sackweise.

    Und auch heute wieder was aus der Rubrik „seltsame Schnappschüsse“:

    Im Hof der katholischen Kirche wird gerade die Jungfrau Maria abgekärchert.
    Frisches Obst portioniert und käuflich
    Fächertransport diesmal zu Fuß
    Austern putzen fürs Abendbrot
    Abenteuerliche überirdische Elektroverkabelung

    Und ab heute gibt’s auch noch eine neue Rubrik zum Thema „Transport und Verkehr“, weil: jeden Tag neue interessante Möglichkeiten, was und wie man etwas von A nach B befördern kann. Vielleicht ist ja für den Einen oder Anderen eine Anregung dabei.

    Waldi muss mit. Als Anschnallen wird Waldi an der kurzen Leine irgendwo am Moped arretiert.
    Der Vertreter für Garküchenzubehör ist da und hat Servietten, Plastikbecher, Plastikbesteck und Co. dabei. Sein Fahrzeug ist tatsächlich ein Moped, den Fahrersitz kann man erahnen.
    Orchideenbestellung … kommt sofort.