Kategorie: VietnamKambodscha

  • Affentheater, Gehirnschmelze bei 37 Grad und Lara war gar nicht da

    Die letzten beiden Tage waren randvoll mit Tempelbesuchen und vor allem extremer Hitze bis 37 Grad im Schatten (ja, ja, ich weiß: Dann geh doch nicht in den Schatten!). Von Phnom Penh (endlich habe ich mir die Schreibweise gemerkt und muss nicht jedesmal nachgucken) aus ging es fünf Stunden mit unserem Reisegruppenbus nach Siem Reap, der Millionenstadt am Rande der über 1000 Jahre alten, weltgrößten Tempelstadt Angkor Wat.

    Als Zwischenstopp hielten wir in Sambor Prei Kuk. Das ist ein Gelände mit Hindutempeln, den Überresten der alten Stadt Isanapura. Die Ruinen bestehen aus über 150 Tempeln und Türmen und bedecken ein Gebiet von über 400 Hektar. Sambor Prei Kuk gehört wie auch Angkor Wat zum UNESCO Welterbe. Da das Gelände sehr weiträumig war, sind wir mit den Fahrrädern von einem Minitempel zum anderen gefahren. Unser Reiseleiter Phally mit dem Moped vornweg, wieso eigentlich?

    Radfahren war bei den Temperaturen um 35 Grad und dem Sandboden eine kleine Herausforderung. Man musste nur schnell genug sein, um vom Fahrtwind gekühlt zu werden.

    Sambor Prei Kuk war einstmals eine der größten religiösen Pilgerstätten, welche eine Mischung aus hinduistischen und buddhistischen Religionen symbolisieren. Hier haben die Khmer dieselbe Bauweise wie in der Tempelstadt Mi Son angewandt, bis heute konnte man nicht herausfinden, wie genau die Steine korrosionsfrei zu den Tempeln verarbeitet worden sind.

    Im Gelände waren überhaupt keine Touristen, aber dafür wild lebende Affen, Makaken unterwegs. Die waren glücklicherweise nicht zutraulich oder Futter-einfordernd und hielten sich dezent im Hintergrund.

    So ein Affentheater

    Auf der Weiterfahrt mit dem Bus zu einem „Harmonisierungs-Stopp“ (mein mitreisender Ehegatte kann es schon nicht mehr hören) boten uns Mädchen lebendige Vogelspinnen zum Kauf an.

    Phally unser Reiseleiter hat offensichtlich keine Spinnenphobie
    Die Vogelspinnen sind wohl gezüchtet und keine eingefangenen Tiere und daher nicht so gefährlich. Na, wer es glaubt!? Ich hätte das nicht ausprobieren wollen.

    Angekommen in Siem Reap nach 9 Stunden Bus und Tempelbesichtigungspause nahmen wir noch ein TukTuk, um den angepriesenen Nachtmarkt zu besuchen (schließlich haben wir noch 5 kg Platz im Koffer).

    Am Start des Nachtmarktes wurden gegrillte Insekten angeboten. … und, was soll ich sagen: da gibt es so einen, mir nahestehenden Kollegen in unserer Reisegruppe, welcher so einen Skorpion am Spieß probiert hat. Mich hat es ja geschüttelt. Ich hörte mich noch sagen: Ich lass mich scheiden. Keine Angst, ich habe mir noch keinen Beistand bei unseren beiden mitreisenden Juristen gesucht … (falsches Fachgebiet).

    Mehlwürmer, Schlangen, Spinnen und Skorpione geröstet und to go.

    Vom Nachtmarkt habe ich mich inspirieren lassen, Geld auszugeben. Gab schon nette Klamotten dort. Mal schauen, ob auch die Qualität mithalten kann. Was allerdings gewöhnungsbedürftig war, schon im Vorbeigehen sprachen uns die Händlerinnen an und wollten uns in ein Verkaufsgespräch verwickeln. Man konnte sich kaum etwas in Ruhe anschauen. Teilweise wurden die Ansprachen fast etwas aggressiv. Am unangenehmsten waren die fliegenden Händler an die Bus-Stops, man wollte eigentlich nur zur Harmonie-Hütte und unterwegs musste man Slalom laufen und das „No, thank you“ auch körperlich ausstrahlen. Auf dem Markt erinnerte mich die Diskussion um den Preis stark an den Bazar in Istanbul. Das Handeln mussten wir uns erst wieder draufschaffen. Die beste Taktik, um die eigene kommunizierte Preisvorstellung durchzubekommen bestand darin, sich abzuwenden mit dem Hinweis, dass dies zuviel sei. Meistens bekamen wir dann doch ein „ok“ hinterhergerufen und der Deal stand (bestimmt haben wir immer noch zuviel bezahlt, aber egal). Ich stelle mir gerade vor, wie es an der heimischen Supermarktkasse ankommen würde, wenn man bei einem auf der Kasse stehenden Preis von 26,50 € sagen würde, dass man es für 20 € nähme. Und wenn die Kassiererin nicht einverstanden ist, sich einfach rumdrehen und gehen. Der Gesichtsausdruck der Kassiererin wäre es wert, oder?
    Am nächsten Tag stand die Besichtigung der weltgrößten Tempelanlage an. Angkor Wat (übersetzt „die Stadt der Tempel”) ist das Nationalsymbol von Kambodscha und ist auf der Landesflagge und auch der Währung verewigt. Vor ca. 1000 Jahren wurde Angkor Wat erbaut in nur ungefähr 30 Jahren. Es brauchte ca. 300.000 Menschen und 6000 Elefanten. Die total großen Tempel wurde wohl ohne große Hilfsmittel errichtet. Sie sind dem Gott Vishnu gewidmet. Im alten Khmer-Reich im 10. Jahrhundert erfand man die Bewässerungsgräben, was dazu beitrug, dass mehrmals im Jahr Reis geerntet werden konnte. Diese erfolgreiche Landwirtschaft führte zu Nahrungsüberschüssen und brachte dem Khmer-Reich großen Reichtum. So kam es, dass das südlich von China gelegene Land zu einem regionalen Machtzentrum wurde und die Khmer in der Lage waren, große Städte (Siem Reap hatte damals 1 Millionen Bewohner)und gewaltige Tempelanlagen zu errichten.

    Das komplette Gelände umfasst ca. 400 km². Im Zentrum steht ein markanter Tempel mit fünf nach Lotusblüten geformten Türmen. Dieser Tempel ist so gut erhalten, dass man an den Türmen hinaufsteigen und drinnen herumkraxeln kann. Viele Reliefs und Wandverzierungen sind erstaunlich gut erhalten.

    Wir haben für die letzten beide Tage in Siem Raep einen neuen Reiseführer bekommen. Ein junger Mann namens Lim. Bis gestern hatten wir hat Phalli und um uns den Namen merken zu können nutzten wir die Eselsbrücke des alten Hallervordern-Sketches mit „Pallim Pallim“, lustigerweise kommt nun der Rest des Wortes Lim zum Einsatz. Lim ist 5 Monate im Jahr in der Touristensaison Gästeführer und den Rest des Jahres Reisbauer bei seiner Familie und er spricht ein hervorragendes Deutsch voller sprachlicher Bilder ohne selbst je in Deutschland gewesen zu sein (Originalzitat: „Bevor ich den Löffel abgebe, will ich Deutschland besucht haben“)

    Inzwischen haben wir sehr gut zu Mittag gegessen und sind dabei, den nächsten Tempel, den Angkor Thom zu erkunden. Zugang bieten fünf Tore, von denen wir uns das gut erhaltene Südtor anschauten. Eine von imposanten Steinfiguren gesäumte Brücke führt über den Wassergraben direkt zum zentralen Tempel.

    An der Mauer posierte ein schick gekleidetes Pärchen im goldenen Bötchen.

    Wir sind nun seit mehreren Stunden in der Hitze unterwegs und sind sportlich treppauf, treppab aktiv. Am Nachmittag erreicht das Thermometer 37 Grad und ich habe den Eindruck, dass bei mir langsam die Gehirnschmelze einsetzt. Das luftig-leichte Funktionshemd meines Angetrauten tropfte, als hätte man es in der Waschmaschine vergessen zu schleudern. Und ich musste erstmal die Sprenkleranlage zweckentfremden, schade für den Rasen, gut für mich.

    Ist doch egal, wovon das Shirt am Körper klebt.

    … und damit nicht genug, im heutigen Programm steht noch ein Tempel zur Besichtigung aus. Das Schönste kommt zum Schluss, das wusste ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht und spielte mit dem Gedanken, die letzte Besichtigung sausen zu lassen aufgrund fortschreitender Gehirnschmelze. Es war der Ta Prohm-Tempel.

    Der Ta Prohm-Tempel ist vielleicht am ehesten bekannt als Kulisse für den Film Tomb Raider. Aber Lara war gar nicht da. Wie enttäuschend.
    Aber es waren viele Bartsittiche da, eine zwar laute und leider sehr scheue Papageienart.

    Ursprünglich beherbergte der Tempel eine buddhistische Universität. Am Ta Prohm-Tempel befindet sich die wohl berühmteste und meist fotografierte Mauer der Welt. Ein von gigantischen Wurzeln eines Baumes eingenommenes Mauerwerk. An vielen Stellen liegen herabgefallene Steine und versperren den Weg. Auch wenn die Mauern des Ta Prohm heute zum Großteil verfallen sind: Die Tatsache, dass die Wurzeln der überwuchernden Bäume das Mauerwerk nicht zum Einsturz bringen, ist ein Zeichen für die Stabilität der Bauwerke und ein Indiz, wie sich die Natur diesen Ort zurückerobert hat.

    Die Natur holt sich einen 1000 Jahre alten Tempel Stück für Stück zurück.
    Extrem gut erhaltene Reliefs erzählen die Geschichte des Buddhismus.

    Heute hat uns Lim auf dem Weg zum Flughafen noch einige aktuell-politische Dinge zu seinem land erzählt. Offiziell hat das land zwar eine parlamentarische Monarchie und die Roten Khmer sind überwunden, aber in Wirklichkeit sitzen dieselben Personen von damals noch immer in wichtigen politischen Ämtern, zum Beispiel die Richter des Landes sind zu 60 % noch immer die damaligen Anhänger der Roten Khmer. Bei Wahlen gibt es nur eine Partei und einige dieser Hauptpartei hörigen Blockparteien. Nach Meinung von Lim gibt es auch nicht wirklich eine Meinungsfreiheit, man müsste schon mit Verfolgung rechnen, wenn man bestimmte Dinge öffentlich anspräche. 

    Er bezeichnet alles eher als eine Art „Demokratur“. Ich fand es mutig von ihm, diese Sachen so offen vor uns anzusprechen, offensichtlich waren wir im vertrauenswürdig. Touristisch war es wirklich eine große überwältigende Überraschung für uns. Wir haben tolle Dinge gesehen und erlebt und sehr freundliche, nette Menschen kennengelernt. Damit hatten wir nicht gerechnet. Und auch die Monarchie fand ich irgendwie charmant. Schade, dass das Land innen dann doch etwas anders aussieht, als von außen als Tourist betrachtet.

    Auf unseren ausgedehnten Busfahrten erfuhren wir auch einiges zur Wirtschaft und Landwirtschaft des Landes. 80 % der Bevölkerung sind mit Reisanbau oder Fischfang/Fischzucht befasst und die restlichen knapp 20 % verdienen sich ihren Reis mit der Arbeit in der Tourismusbranche. Kambodscha baut auch Obst an, zum Beispiel Cashewnüsse.

    Cashewfrucht
    Eine kleine Nuss unten am roten Fruchtkörper

    Auf den Grünflächen und den Dörfern haben wir Büffel und Rinder gesehen, die größtenteils frei herumliefen. Sie sind tagsüber alleine auf Achse und Futtersuche und Abend finden sie sich wieder in ihrem Stall ein. Über land gabs auch die für die Region so typischen Stelzenhäuser zu sehen.

    Die Stelzenhäuser gibt’s in einfach und in schick.

    Die vor einigen Tagen erwähnte Sauberkeit auch außerhalb Phnom Penhs nehme ich heute zurück. Richtige Müllberge an den Straßenrändern gibt’s zwar nicht, aber es liegen überall Plastiktüten oder anderes Kleinplastik rum. Hier hängt es wieder mit den regelmäßigen Überschwemmungen während der Regenzeit zusammen 

    .. und nun wieder zur Rubrik „Transport und Verkehr“:

    Die Mittagspause der Bauarbeitern im Tempel iWork in der Hängematte verbracht.