Wir sind zwar auf unserer Vietnamrundreise schon weitergefahren, aber ich muss mal noch eine kleine Nachlese zu Saigon loswerden: nachdem wir den Abend mit einem Pinacolada in der Rooftop-Bar haben ausklingen lassen und in unser Zimmer zurückkehrten, haben wir beim Lichteinschalten eine Kakerlake erwischt. Die war so groß, dass ich zögerte, sie zu erlatschen. Man hat schon davon gehört, dass man am Schuh klebende Eier mit nach Hause geschleppt hat. So hat sie den Fluchtweg unter den Schrank geschafft und ich habe niemanden auf dem Gewissen.
Nach Saigon sollte es wieder etwas ruhiger und ländlicher werden. Nächstes Ziel ist das Mekong-Delta. Dazu sind wir einige Stunden mit dem Bus gefahren. Unterwegs besichtigten wir einen Tempel einer Sekte (so jedenfalls die Auskunft unseres Reiseleiters), den Cao Dai Tempel in der Stadt Cai Be. Diese Religion hat nur einen Gott, aber bedient sich vieler Elemente aus allen möglichen Religionen. Über allem wacht das linke Auge Gottes.

Auf alle Fälle sehr bunt und sehr vereinnahmend, was die Schäfchen der Religion anbelangt. Man durfte den Tempel nur ohne Schuhe betreten. Wir wollten es uns trotzdem ansehen, auch wenn die meisten unserer Mitreisenden uns eine Fußpilz-Ziehung prophezeiten. Alsbald danach reinigten wir unsere Fußsohlen mit einem Desinfektionstüchlein, quasi eine rituelle Fusswaschung in Busreihe 2.

Man beachte den Turm vor dem Tempel. Und nein, es sind keine Hakenkreuze auf der Stele. Die Zeichen, die wir als Hakenkreuze kennen sind schon viel älter und heißen Swastika und sind ein Glückssymbol im Buddhismus und Hinduismus. Das älteste dieser Zeichen wurde etwa 10.000 vor Christus in Asien und Europa gefunden, auch in Afrika und Amerika. Ich glaube, in Deutschland ist es kein Glückssymbol mehr, wird allerdings noch gern von einigen Spinnern verwendet.
Nächster Stopp: Früchteverkostung in Cai Be, bevor wir mit samt unseren Koffern die große Insel An Bình zwischen mehreren Mekong-Armen ansteuerten. Zuvor stiegen wir für eine Erkundung des Deltas noch in kleinere Ruderboote um und wurden gerudert und mit „richtigen“ Sonnenhüten ausgestattet.

Im Übrigen sind die vietnamesischen, spitzen Sonnenhüte sehr viel luftiger als das, was wir so als Kopfbedeckungen mit haben. Da staut sich unter dem europäischen Sonnenhut einfach nur die Hitze auf der Rübe. Also nehmen wir es immer gerne an, wenn uns auf kleinen Touren die extra Hüte für die Dauer der Bootsfahrt angeboten werden.

Die Früchteverkostung lockte nicht nur uns, sondern auch allerlei Getier an. Ein etwas größeres Insekt hat mich direkt in den Finger gestochen. Da es bereits beim Stechen wehtat, konnte ich das Vieh zwar wegscheuchen, aber der Stachel blieb leider an mir dran. Damit sollte ich noch ein paar Tage zu tun haben. Hab jetzt einen geschwollenen rechten Ringfinger, Kolateralschaden. Muss ich beim Cocktail schlürfen eben einen weiteren Finger abspreizen.

Weiter ging es mit Fahrrädern, durch ein malerisches Dorf im Mekongdelta: Cai Be. So ein bißchen wie der Spreewald auf vietnamesisch: viele kleine Flussarme, dazwischen Leute auf kleinen Kähnen, hier ein kleiner Obstgarten, dort ein schöner Blumenhain … und gar nicht so in den Ecken zugemüllt, wie wir es in den letzten Tagen leider schon oft gesehen haben. Man muss der Ehrlichkeit halber dazu sagen, dass der Mekong jedes Jahr mindestens ein Hochwasser mit sich bringt. Und dabei wird natürlich alles mögliche angeschwemmt … und eben nicht gleich weggeräumt, deshalb gibt es Ecken, in denen sich nun der Unrat sammelt. Diese Theorie kann man aber nicht auf die Städte anwenden, dort sieht es an den Straßen- und Fußwegrändern ziemlich zugemüllt aus, und das hat dort nix mit Hochwasser zu tun. Es gibt eine staatliche Müllabfuhr und in einigen Städten haben wir auch die zusammengetragenen Haufen gesehen, die darauf warteten, abgeholt zu werden. Sogar öffentliche Mülltrennungseimer haben wir, wenn auch selten gesehen. Aber irgendwie scheint es die Leute selbst nicht so zu stören. Man muss zum Thema noch sagen, dass der von uns in Europa produzierte Müll, den wir, nachdem dienstags das Müllauto da war, nicht mehr vor Augen haben, ja nicht über Nacht von Zauberhand verschwindet, sondern ja auch irgendwie zwar durch Mülltrennung minimiert, aber letztendlich ja auch in andere Länder exportiert wird. Also eigentlich unser aller, ein globales Problem. Hier in Vietnam scheint es aber im Individuellen eher eine Typfrage zu sein. In einem Haus einer vietnamesischen Familie sieht es auf dem Boden sauber und geleckt aus und schon im Nachbarhaus liegt nur Zeug rum, so Dinge, wo nicht mehr klar ist, ob sie noch gebraucht werden oder nicht, es stapeln sich die teilweise kaputten Mopeds im Hof, …
Zurück zur Radtour durch den vietnamesischen Spreewald. Wir machten Halt an verschiedenen kleinen Werkstätten, vielmehr kleine Home-Produktionsstätten, z.B. für Reispapier oder für Hängematten aus getrockneten Bananenstaudenstilen.

Als Quartier gabs eine von der Vitnamesin Ut Trinh geführte private Lodge. Bei uns würde man sagen „Urlaub auf dem Bauernhof“. Eine kleine Farm mit Obstbäumen, Fischzucht und Hühnern. Die Zimmer waren besonders und exotisch. Das Bad war auf der anliegenden Terrasse untergebracht unter freiem Himmel. Nur über der Toilette gabs eine Plexiglasscheibe als Dach, damit man sich nicht den Kopf verbrennt, falls es mal wieder länger dauert. Sehr urig, direkt unter einer Palme zu duschen. Den flexiblen Duschkopf hatte ich unter dem Palmwedel zunächst gar nicht gefunden.

Bei unserer Ankunft war bereits ein Mittagessen aus selbst erzeugten Produkten vorbereitet. So wurde uns ein gebratener Elefantenohrfisch publikumswirksam serviert, und natürlich Obst aus dem Garten.


Zu verkosten gab es dieses Mal: Mango, Ananas, Wasserapfel, Papaya, Guave, Jackfruit, Augenfrucht (eine der Litschi ähnliche Frucht).
Am Abend hielt die Gastgeberin für uns einen Kochkurs bereit, scheint hier jeder Reiseleiter gerne in sein Programm aufzunehmen. Ist lustig, man kommt mit Einheimischen in Kontakt (von „ins Gespräch kommen“ würde ich jetzt nicht reden, denn mit Englisch kommen wir oft nicht sehr weit. Aber mit Händen und Füßen geht vieles, wenn nur beide Seiten wollen) und geschmeckt hat es am Ende auch. Inzwischen sind wir perfekt im Wickeln von Frühlingsrollen aus Reispapier.


Am Abend führte uns die Gastgeberin noch in ein Haus auf ihrem Grundstück, welches wie die „Gute Stube“ einer traditionellen vietnamesischen Familie eingerichtet war, mit Diwan und edlem perlmutintarsien-verziertem Schrank. Es wurde Jasmintee und süßes Reisbrot gereicht. Nunfolgend führte sie und einige weitere traditionell gekleidete Vietnamesen ein kleines Programm nur für unser kleines Reisegrüppchen auf. Ich hatte den Eindruck, dass der örtliche Kulturverein (natürlich unter der Leitung der Bauernhofchefin) etwas einstudiert hatte, aber sehr nett und aufmerksam. Mehrere Instrumente, zum Beispiel die 12-Saiten-Gitarre und das Dan Bau kamen zum Einsatz. Das Dan Bau oder auch Monochord genannt, hat nur eine Saite, welche mit einem flexiblen Bambusstab angeschlagen wird und diesen typischen asiatischen Klang erzeugt. nach erfolgreich aufgeführtem Programm des „Kulturvereins“ wurden wir aufgefordert, ein Lied gemeinsam auf deutsch zu singen. Upps, auf dem falschen Fuß erwischt. Nach einigem Hin und Her einigten wir uns aus „Das Wandern ist des Müllers Lust“ und haben uns wacker geschlagen. Einzig die Karaoke-Party, die bereits den ganzen Nachmittag vom gegenüberliegenden Ufer in einer Lautstärke herüberschallte, war nervend und ließ uns die Gesänge im Kulturstübchen fast nicht verstehen. Pünktlich zur Bettzeit war dieser Spuk zum Glück vorbei.
Die Nacht war kurz, aber trotz des harten Bettes erholsam. Vor uns lag die Abreise von der schönen Insel und vier Stunden mit dem Bus in die Richtung Kombodscha. Auf dem Plan stand heute noch der Besuch einer Schauwerkstatt für regionale Spezialitäten und einer Ziegelei. Bei den regionalen Spezialitäten gabs zum Beispiel Popreis oder Kokosbonbons. Interessant in welcher kurzen Zeit man von Hand Bonbons in Reispapier einwickeln und die Enden umfallten kann oder man Verpackungen von Reiswaffeln nur mit einer Kerze „verschweißen“ kann.

Auch verschiedene Reisschnäps wurden erläutert. Dieser wird mit allerlei Ingredienzen versetzt, Pilze und Kräuter waren dabei noch die normalen Geschichten. Gewöhnungsbedürftiger war der Anblick meines mitreisenden Ehegatten, der einen Reisschnaps verkostete, in dem eine Schlange eingelegt war (Monsieur, heute habe ich leider keinen Kuss mehr für Dich).



Schlangen wurden hier nicht nur für den Reisschnaps gehalten, sondern im Laden nebenan gabs auch Gürtel und Portmonees aus Schlangenleder. Den Zoll würde es freuen, vom Naturschutz mal abgesehen.


Unterwegs stoppten wir an einer Krokodilfarm und legten ein Mittagspäuschen ein, natürlich mit Krokodil aus der Pfanne bei meinem mitreisenden Alleskoster. Mir hatte es heute Morgen etwas die Verdauung durcheinander gebracht (das Wasser, das Öl, wer weiß das schon so genau), für mich gabs schwarzen Tee.
Die Krokodilzucht konnte man anschauen, vom Kindergarten bis zum Wassertümpel für ausgewachsene, bestimmt an die 3 Meter-langen Tiere war alles dabei. Krokodil-Sex hatte ich bisher noch nicht beobachtet, aber auf den Anblick des rosa Krokodilpenis hätte ich durchaus verzichten können.

Am Nachmittag wurde es sehr wieder mal sehr authentisch. Wir besuchten ein schwimmendes Fischerdorf am Bassac River, einem Seitenarm des Mekong. Es gibt zahlreiche dieser schwimmenden Fischfarmen und schwimmenden Häuser, in denen die Bewohner in Netzen und Drahtkörben Fisch und Süßwassergarnelen züchten, ein wichtiges Exportprodukt der Region. Im Mekongdelta wird jede Menge Fisch gezüchtet. Nicht wild gefangen, sondern unter den Stelzenhäuser am Ufer in Netzen gezüchtet. Wir haben eines dieser Fischerhäuser besichtigt. Eine sehr traditionelle Arbeit hier in der Region, aber teilweise unter prekären Verhältnissen.



Anschließend besuchten wir ein ethnisches Cham-Islam-Dorf, eine vietnamesische Minderheit, die wir schon im Norden in den Bergen besucht hatten, diesmal aber mit der islamischer Religion. Was sofort auffiel, die sonst so freundlichen und uns gegenüber sehr aufgeschlossenen Menschen waren das hier nicht. Erstmal rannten uns die Kinder hinterher und bettelten, so wie ich es aus Ägypten kannte, unangenehm. Wir zwängten uns auf schmalen Stiegen durch das Stelzenhausdorf bis zu einer kleinen Weberei.


Schöne Tücher aus Seide zum guten Preis. Ansonsten konnte man von den Stiegen aus die Häuser und „Zimmer“ ganz gut einsehen. Viel Dreck und viel Müll um und in den Häusern. Ich verstehe es nicht.
Im Dorf erhob sich plötzlich auf der anderen Straßenseite eine riesige Moschee. Die Männer rund um das Gebäude guckten nicht nur nicht freundlich, sondern teilweise grimmig. Auffällig war der gut bestückte Fuhrpark der Moschee, bestimmt an die 20 Fahrzeuge desselben Typs und derselben Farbe standen hinter der Moschee. Da scheint der Kirchenzehnt zu greifen.
Wir haben heute Vietnam von einer armen Seite erlebt.


Die Leute am Ufer des Mekongdelta leben sehr einfach und sind teilweise recht arm. Aber wir haben kein Elend gesehen. Jeder versucht, sich mit irgendeiner Tätigkeit über Wasser zu halten. Letzteres im tatsächlichen Sinne, da mindestens einmal im Jahr das Hochwasser kommt und die Stelzenhäuser am Ufer des Mekong an die Grenzen ihrer Tragfähigkeit bringen. Und genau so sehen die Häuser stellenweise auch aus.
… und hier noch wie immer die Rubrik: Verkehr und Transport:




und hier noch was fürs grüne Auge:

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